Kein Gedankenkarussell mehr weil das Geld so knapp ist, meine Liebsten krank werden können und ich vielleicht nie lernen werde, wie Leben funktioniert
Sorgen machen krank. Dem einen beschert das Gedankenkarussell Rückenschmerzen des Todes, der andere bekommt chronischen Husten und mir schürten meine Ängste fast die Kehle zu. Trotz bester Bemühungen, mich zu entspannen und an meiner Grübelei zu arbeiten, sah ich zu, wie ich von Tag zu Tag weniger Luft bekam.
Das ist jetzt einen Monat her und meine Atemzüge sind wieder tief, ich fühle oft Sicherheit und Geborgenheit und meine früheren Gedanken lösen nur noch leichten Stress in mir aus. Vielleicht bin ich nicht ganz über den Berg. Vielleicht war es nur eine Etappe. Falls meine Sorgen nochmal zurückkommen, werde ich mich an diesen Blogpost hier erinnern. Ich werde mich daran erinnern, was ich alles schon geschafft habe. Und wenn ich die Sorgen-Herausforderung schon gemeistert habe, sind diese Worte für mein zukünftiges Ich, was vielleicht manchmal denkt, nichts im Leben zu erreichen.
Es gab eine Zeit in meinem Leben, da war meine größte Sorge, dass ich nicht dünn genug bin. Ein Sixpack war für mich der höchste Ausdruck für Erfolg. Vielleicht lebte ich so in der Fülle, dass ich gar nicht merkte, wie gesegnet ich war. Ich hatte nicht sehr viel mehr Geld als jetzt, dachte jedoch kaum darüber nach. Dass ich abgelehnt werden würde, weil ich zu dick war, erschien mir realistischer, als dass mein Geld nicht reichen würde. Jemand, der von außen auf mein Leben geblickt hätte, hätte es sehr wahrscheinlich genau andersherum wahrgenommen. Und trotzdem hat mein Geld immer gereicht. Ich konnte mir alles kaufen, was ich wollte.
Heute habe ich nicht viel weniger Geld als damals, aber ich habe höhere Ausgaben gewählt. Ich habe jeden Tag tausendfach Angst, dass mein Geld nicht reicht. Ein Weg raus aus der Angst ist, niedrigere Ausgaben zu wählen. Aber das will ich nicht. Es gibt also etwas (in mir), was mir wichtiger ist als ein Leben ohne Geldsorgen.
Es gab auch eine Zeit in meinem Leben, da war ich fast 24/7 allein mit mir. Die meiste Zeit glücklich allein. Ich liebte, wer ich allein mit mir und für mich war. Ich hatte wenige Freunde, wenig Kontakt zu meiner Familie, niemanden, der mir nahe stand. Ich sorgte mich hauptsächlich um meine eigene Gesundheit.
Heute habe ich eine Partnerin, eine Wahlfamilie und einige Menschen gewählt, die ich sehr liebe. Ich sorge mich oft, dass sie krank werden können und ich nichts dagegen machen kann. Wenn sich jemand verletzt, zerreißt es mich innerlich so sehr und ich fühle die Schmerzen mit. Ich habe oft Angst, dass einer meiner Liebsten eine unentdeckte Krankheit mit sich trägt. Wenn ich wieder so ein entspanntes Leben, in dem ich mich nur um mich selbst sorge, wollte, könnte ich mich einfach um entscheiden und Kontakte abbrechen. Es gibt also etwas (in mir), was mir wichtiger ist als ein Leben ohne Sorgen, dass meine Herzensmenschen krank werden könnten.
Es gab auch eine Zeit in meinem Leben, da hatte ich das Gefühl, das Leben verstanden zu haben. Ich hatte einen angesehenen Job, einen sinnvollen Nebenjob, zwei Hobbys und einen gesunden Lebensstil. Ich kam gut auf meinen Alltag klar, fühlte mich sicher und erfolgreich.
Heute habe ich mich dazu entschieden, diesen Job zu kündigen. Ich habe auch meine Hobbys aufgegeben bzw. sehr eingeschränkt. Ich habe oft das Gefühl und die Sorge, doch nicht zu wissen, wie das mit dem Leben funktioniert. Es gibt also etwas (in mir), was mir wichtiger ist als meine Sorge, nicht lebensfähig zu sein.
Was ist das, was mir wichtiger ist als ein Leben ohne Sorgen? Was ist mir wichtiger als ein leichtes, stressfreies Leben?
LIEBE.
In Lebensphasen, in denen ich mir viele Sorgen mache, an mir zweifle, dauerhaft müde, erschöpft und krank bin, erinnere ich mich an Liebe. Ich wähle jeden Tag, fast jeden Moment bewusst Liebe für mich in meinen Gedanken. Ich treffe Entscheidungen meist aus Liebe statt aus Angst. Ich handle meist aus Liebe statt aus Angst. Liebe ist nicht der leichte Weg. Liebe ist herausfordernd. Liebe fordert mich heraus, alles, was ich über mich zu wissen glaube, zu vergessen. Liebe fordert mich heraus, meine Pläne, Ziele, Träume, Erwartungen an mich und andere Menschen loszulassen. Liebe fordert mich heraus, das Unmögliche zu tun. Liebe fordert mich heraus, alles zu tun, wenn ich nichts tun will.
Genauso fordert Liebe mich heraus, zu entspannen und Pause zu machen, während alles in mir schreit nach Leisten-Wollen, Gas geben, mir und der Welt meine Fähigkeit beweisen. Liebe fordert mich heraus, nichts zu tun, wenn ich alles tun will.
Liebe fordert mich heraus, zu integrieren. Früher hasste ich das Wort Integrieren. Integrieren war etwas, was ich immer überspringen wollte. Erstens weil es Zeit kostet und zweitens, weil es fucking anstrengend ist. Integrieren ist für mich fast immer anstrengender als etwas Neues zu wagen oder zu lernen.
Weil ich es nie tun wollte, hat mich Gott immer wieder mal mehr, mal weniger sanft zum Integrieren geführt:
So oft bin ich nach einem anstrengenden Tag im Wald spazieren gewesen und plötzlich so müde geworden, dass ich mich auf die nächste Bank legen musste und fast sofort eingeschlafen bin. Und da habe ich empfangen. Mich, Gott, das Licht in mir, Liebe. Da habe ich integriert. Meine Liebe integriert.
Nach fast jedem intensiven Seminar habe ich mich mit den anderen Teilnehmern verglichen und gedacht, ich wäre gescheitert, weil mein Weg so anders aussah. Ich war nie himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Ich bin meistens sang-, klang- und emotionslos in meine alten Gewohnheiten zurückgefallen. Und als ich dachte, zu schwach zu sein, ein hoffnungsloser Fall zu sein und für immer in meinen alten Mustern gefangen zu bleiben, habe ich mich plötzlich über meine alten Glaubenssätze erhoben und einen neuen Alltag für mich kreiert.
Als ich mit meinem 20.000-Schritte-pro-Tag-Ziel aufgehört hatte, fühlte ich mich wie eine Versagerin. Aber irgendwas in mir hat doch vertraut. Ich habe nicht an Wert verloren, weil ich weniger laufe. Genauso vertraue ich darauf, dass ich nicht an Wert verliere, wenn ich weniger Geld habe.
Was für ein krasses Vertrauen ich in das Finden einer Wohnung hatte, als ich umziehen wollte. Keine Ahnung, wo ich das hergenommen habe. Vielleicht von meinem zukünftigen Ich.
Integrieren bedeutet für mich, völlige Akzeptanz, komplett zu entspannen, stolz zu sein und zu vertrauen. Nicht sehen und trotzdem wissen, dass es da ist.
Wertschätzung bedeutet für mich auch, das wertzuschätzen, was ich nicht sehe. Ich entscheide, ob ich dem, was ich nicht sehe, mit Sorgen oder mit Vertrauen entgegentrete.
Die besten Sachen in meinem Leben habe ich nicht geplant. Die besten Sachen in meinem Leben habe ich mir nicht gewünscht. Die besten Sachen in meinem Leben habe ich bekommen, weil ich zu der Person geworden bin. Ohne es zu merken. Ganz natürlich. Durch Integration, Angst und Liebe.
Es geht nicht darum, keine Angst mehr zu haben. Es geht darum, genauso darauf zu vertrauen, dass die Liebe da ist, wie ich darauf vertraue, dass die Angst da ist.
Ich will kein Leben ohne Sorgen und Ängste. Seitdem ich sie habe, habe ich so viel mehr Liebe in mir. Klar kann ich jederzeit ein entspannteres Leben haben. Aber das bedeutet auch ein Leben mit weniger von mir, weniger Entdecken der Liebe in mir. Und das will ich nicht. Ich will das Maximum an Liebe.
Wenn ich mal wieder denke, dass das Geld nicht reicht, dass meine Liebsten krank werden könnten und dass ich nicht weiß, wie das mit dem Leben funktioniert, erinnere ich mich daran, dass mindestens genauso viel Liebe wie Angst in mir ist. Ich erinnere mich daran, dass, als ich dachte, alles sei verloren inklusive mir, alles ein Wunder wurde. Das schönste Wunder, was ich mir je hätte träumen können. Ich bin so sehr in der Dankbarkeit für alles, was durch meine Sorgen entstanden ist. Ich bin so fucking gesegnet und geliebt von Gott, vom Leben, von mir.
Ich vertraue auf mich. Ich vertraue auf Wunder. Ich vertraue auf Liebe in meinen Sorgen, auch wenn ich sie nicht sehen kann. Ich erinnere mich daran, dass ich verdammt nochmal leben will. Mit jeder Angst. Mit jeder Liebe. Mit allem.
Ich wähle Liebe über alles.
Ängste und Sorgen machen krank, schnürten mir fast die Luft ab. Aber ich entscheide, ob ich genauso viel Liebe wie Angst sehe oder nicht. Ich entscheide, ob mir etwas wichtiger ist als ein sorgenfreies Leben.
Ich mache mir immer wieder bewusst:
Alles ist gut. Alles geschieht in meinem höchsten Sinne für mich. Aus meinen Sorgen und Problemen kommt nur Gutes für mich. Ich bin sicher.
Ich lasse meine Ängste und Sorgen in Liebe los.
Ich liebe mich.
Ich liebe Dich.
Ich liebe Gott.
