Wie ich aufgehört habe, mich abzulenken und meinen Fokus zurückerobert habe oder
Liebe ist meine Rebellion
Früher bin ich um 5 Uhr aufgestanden, um 22 Uhr ins Bett gegangen und trotzdem hatte mein Tag viel zu wenig Stunden. Meine To-Do-Liste war nicht nur länger als die A3, sondern auch bis auf die Minute durchgeplant.
5 Uhr aufstehen, 5.03 Uhr Workout. Zeit zum Wachwerden war ich mir nie wert. Zeitverschwendung, sich zu strecken, dankbar zu sein, aufgewacht zu sein, und im neuen Tag anzukommen. Ich musste sofort leisten, wenn ich meine Augen aufschlug.
Meistens plante ich eine Stunde Sport. Aber wenn ich für meinen Anspruch nicht effektiv genug trainierte, musste ich immer noch mindestens eine halbe Stunde dranhängen. Es reichte mir nicht, meinen Po nach 100 Glute Bridges nur brennend zu spüren. Meine Muskeln mussten so sehr schmerzen, dass ich nicht eine einzige Wiederholung mehr schaffte.
Nach meinem Workout – was nicht mit Dehnen, sondern mit der letztmöglichen Wiederholung unter Schweiß und Tränen endete, denn auch für Dehnen hatte ich keine Zeit – fing ich direkt an, Schritte zu sammeln. Mindestens 20.000 pro Tag – drunter ging ich nie los.
Alles, was ich irgendwie im Laufen erledigen konnte, machte ich auch, ohne anzuhalten. Zähneputzen, Anziehen, Wasser trinken. Erste Anzeichen der Erschöpfung unterdrückte ich mit Podcasts in Endlos-Schleife.
Nach den ersten 10.000 Schritten fuhr ich zur Arbeit. Wehe, wenn es nur 9800 waren – dann musste ich trotz Zeitmangel noch zu Ende laufen und mich beim Schuheanziehen umso mehr beeilen.
Wenn ich mit dem Auto zur Arbeit musste, regte mich jede rote Ampel auf, denn ich hatte ja keine Zeit. Jeder Schüler, der über den Zebrastreifen ging, ließ mich beinahe ausrasten. Ich muss doch arbeiten, mein Stapel auf dem Schreibtisch wächst mir über den Kopf.
Auf der Arbeit hatte ich dann so viel zu tun, dass ich nicht mal Zeit zum Trinken hatte. So fühlte es sich zumindest an. Auf Toilette ging ich nur im absoluten Notfall, Mittagspause war der nahezu unerreichbare Bonus und Überstunden waren so normal wie das Gefühl, nie Feierabend machen zu können.
Wenn ich es irgendwann aus dem Büro heraus schaffte, war es entweder stockdunkel und ich so erschöpft, dass ich nur noch ins Bett fiel. Oder ich gab meine ehrenamtlichen Sportstunden als Fitnesstrainerin, arbeitete in meinem Nebenjob oder war Mädchen für alles für Freunde und Bekannte. Es war aber egal in welchem Fall nie genug Zeit, um alle Baustellen gleichzeitig genug zufrieden zu stellen. Zumindest in meinem Kopf. Aber auch in der Realität blieb oft die Bitte eines Freundes liegen, oder Teile meines Nebenjobs.
Was hingegen nie liegen blieb, war mein 20.000-Schritte-Ziel. Auch wenn ich oft bis kurz vor Mitternacht laufen musste, während ich die Gefallen anderer erfüllte. Manchmal quetschte ich auch noch ein Workout am Abend rein, wenn ich mich zu unwohl in meinem Körper fühlte.
Wenn ich am Wochenende nicht arbeiten musste, war ich im Wald und schaute stundenlang Bäume an. Zu oft lag ich allerdings nur im Bett und schaffte gar nichts.
Warum war ich den ganzen Tag beschäftigt und schaffte trotzdem so wenig?
Ich stand schon morgens nicht mit 100% Kraft, sondern nur mit 20% auf. Und dann versuchte ich mit meinen 20% einen Tagesplan von 150% zu schaffen. Weil ich mir viel zu viel vornahm und viel zu hohe Erwartungen an mich hatte, schaffte ich es nie, was meine Selbstzweifel nährte. Ich versuche es immer mehr, immer härter, immer verzweifelter. Und schaffte immer weniger. Der Perfomance-Druck im Außen in Form von Job, Nebenjob, Ehrenamt und Freundesdrängeln schien ins Unermessliche zu steigen. Doch in Wahrheit stieg nur mein innerer Druck, den ich nach Außen projizierte.
Ich versuchte es mit allen möglichen Zeitmanagement-Tipps, priorisieren, katalogisieren, delegieren….Doch die Strategien, die scheinbar für alle anderen funktionierten, brachten meinen Fokus nur noch mehr in den Nebel.
Bis sich meine Lebensumstände änderten und ich meine Tätigkeit als Fitnesstrainerin vorerst beendete. Nun machte ich eine Sache weniger. Und ich merkte sofort, wie es mir ein Stückchen besser ging. Wie ich abends ein bisschen entspannter war, auch mal beim Schrittesammeln anhielt um einen Hund zu bewundern oder den Sonnenuntergang.
Irgendwo in meinem Unterbewusstsein spürte ich es da wohl schon. Dass der einzige Weg für mich, meinen Fokus zurückzuerobern, der ist, gar nichts zu tun. Und mit gar nichts meine ich gar nichts.
Ich gab mir die Erlaubnis, so lange zu schlafen wie ich wollte. Ich gab mir die Erlaubnis, erst dann aus dem Bett aufzustehen, wenn ich wollte. Nicht aus Druck oder „weil man das halt so macht“. Ich erlaubte mir, keinen Plan für meinen Tag zu haben. Zum ersten Mal in meinem Leben. Und erstmal passierte auch gar nichts. Wenn überhaupt, fühlte ich mich so schwach, als könnte ich nie mehr irgendwas tun.
Doch irgendwann kehrte meine Kraft zurück. Nicht mit einem lauten „Hier-bin-ich – Weiter-geht‘s-Knall“. Sondern mit einer wirklichen Lust, mir einen Wecker zu stellen. Mit einer wirklichen Lust, mein Workout zu machen. Mit einer wirklichen Lust, in meinem Nebenjob zu arbeiten und die Gefallen anderer zu erfüllen.
Diese wirkliche Lust kam tief aus mir heraus. Lebenslust direkt aus meinem Herzen. Oder von Mutter Erde. Wer weiß das schon so genau.
Das spannende ist, dass ich nun, da ich langsam wieder anfing, viel besser sehen konnte, wie sehr ich mich früher habe ablenken lassen. Ich liebe es, über Instagram Kontakt zu halten. Aber 24 DM‘s pro Tag, nicht gerade mit „Hi wie geht’s Dir“ sondern ellenlangen, tiefen Nachrichten, sind einfach zu viel für meinen Fokus. Vielleicht kommen andere super damit zurecht, ich jedoch nicht. Ich liebe diese Nachrichten und den Austausch nach wie vor, aber ich dosiere es jetzt. Damit es für meinen Fokus, für meine Lebenslust und für mein Geben-Nehmen passt. Und noch genug Zeit da ist, um einfach nur aus dem Fenster zu schauen. Generell bin ich sehr viel weniger auf Insta als früher. Ich muss nicht mehr wissen, was meine Freunde machen. Wenn sie es mir erzählen wollen, tun sie das im persönlichen Gespräch. Mehr Fokus für mein eigenes Leben. Jeden Tag ein bisschen mehr.
Zoom-Einladungen habe ich so viele, dass ich jeden Tag 10 Stunden vorm Laptop verbringen könnte. Auch das habe erstmal komplett abgeschaltet und werde in Zukunft nur wenigen, dafür sehr ausgewählten Zooms beiwohnen.
Als ich aufgehört habe, Podcasts zu hören, ist mir erst aufgefallen, wie sehr ich mich zugedröhnt habe. Jetzt habe ich ausgewählte Podcast-Zeiten. Genauso YouTube. Sämtliche E-Mail-Newsletter habe ich gekündigt, bis auf einen, der mir wirklich wichtig ist. Ich erfülle nicht mehr jeden Gefallen.
Ich kann wieder atmen. Ich kann wieder klar sehen, was jetzt gerade in diesem Moment wirklich wichtig ist. Und das ist immer Liebe. Jetzt ist immer Liebe wichtig. Nicht, dass ich noch einkaufen muss, Geschenke besorgen muss, die Wohnung saugen muss. Das passiert automatisch, wenn ich in der Liebe bin.
Ich bin öfter im Stillen. Ich frage öfter um Hilfe. Ich bin öfter bei Menschen, die ich liebe. Ich liebe und ich lasse mich lieben.
Wenn ich heute aufstehe, bin ich noch nicht bei 100%. Aber auch nicht bei 20. Ich steigere mich, jeden Tag ein bisschen.
Lieben ist mein Schlüssel. Vor allem mich selbst. Und weil ich mich liebe, liebe ich auch andere. So richtig tief aus dem Herzen. Ganz ohne Druck. Einfach, weil ich lieben will.
Mein Weg zur Liebe ist Gott. Deswegen ist Liebe meine Rebellion in einer Welt, die sich manchmal zu sehr von Gott und Liebe abwendet. Wir sind alle eins. Keiner ist getrennt. Keiner ist getrennt von Liebe. Liebe ist immer da. Der Liebe und Gott ist es völlig egal, wieviel ich leiste. Sie lieben mich einfach. Und sie lieben auch Dich, wenn Du es zulässt. Bitte um ein Wunder und Du bekommst eines. Und vielleicht erkennst Du auch, dass Du eins bist.
Heute lasse ich alles los, was keine Liebe ist.
Ich liebe mich.
Ich liebe Dich.
Ich liebe Gott.

Ach-wunderschön zu lesen 🩷